Blog
Blog folgen
Möchten Sie jeden neuen Beitrag per E-Mail erhalten?
Dann melden Sie sich hier an.
tschingge - ein stück schweiz

tschingge – ein stück schweiz
So heisst das Schauspiel, das die Theatergesellschaft Appenzell dieser Tage aufführt.
Man ist ins Jahr 1970 versetzt: die italienischen Schlager, die Kleider und Frisuren, Angst vor der Überfremdung. Die Abstimmung über die Schwarzenbach-Initiative steht kurz bevor.

Ich kann mich an jene Zeit noch recht gut erinnern. Mein Vater nannte die Italiener auch Tschingge, auf alle Fälle, wenn ich in der Nähe war. Weil er sicher gehen konnte, dass ich ihm sagte, es seien Italiener und keine Tschingge, worauf er jedes Mal lachte. Es war ein Spiel zwischen uns. Aber vielleicht nicht nur.
Ich kann mich erinnern, dass ich damals von der Schule aus in St. Gallen Rotkreuz-Abzeichen verkaufen musste. In Italien war eine schreckliche Überschwemmung und ein Notstand, und der Erlös des Abzeichen-Verkaufs sollte den Überschwemmungsopfern zu Gute kommen. Ich stand vor dem Eingang zum Neumarkt. Scheu und nicht gewohnt, die Leute anzusprechen. Ich weiss nicht mehr, wie oft mir an jenem Tag gesagt wurde, dass man für diese Tschingge doch kein Geld spende etc. etc. Aber ich weiss noch, wie sehr ich erleichtert war, dass die Schwarzenbach-Initiative den Bach runter ging.

Jubel am Schluss auch auf der Bühne bei den Italienern, als sie das Abstimmungsresultat vernehmen. Jubel dann bei den Schweizern, als ihre Mannschaft wenigstens das Penalty-Schiessen beim Grümpeli gewinnt.

Befürworter und Gegner der Schwarzenbach-Initiative treffen in Zimmer 12 im Spital aufeinander. So liegt der Tschinggen-hasser Scheidegger neben dem Tschingg Fortunato Pozzi, bester Stürmer der Mannschaft von Baumeister Hutter, der wegen des bevorstehenden Grümpelis unbedingt entlassen werden will. Scheidegger möchte das verhindern und giesst ein Abführmittel ins Wasserglas auf Pozzis Nachttisch. Als beide aus dem Zimmer sind, vertauscht der eingebürgerte Hämmerle, der mit Pozzi sympathisiert, die Gläser und es ist Scheidegger, der dauernd aufs Hüsli rennen muss.
Die Fremdenfeindlichen finden immer wieder Gelegenheit, den Italienern das Leben schwer zu machen.

Man kann viel Lachen während des ausgezeichnet inszenierten Stücks. Es ist ja auch schon lange her, seit man die Tschinggen am liebsten wieder nach Hause geschickt hätte. Ganz am Schluss wird allerdings klar, dass die Zeiten sich nicht geändert haben und dass Fremdenhass immer noch ein Thema ist. Er zielt nun auf andere. Schweizer und Italiener sind heutzutage gleicher Meinung.

Bild: www.swissinfo.ch

Sonntag, 23. April 2017

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert