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Wir alle werfen einen Schatten

Zuerst eine Geschichte. Ich habe sie schon einmal erzählt… aber Geschichten sind ja dazu da, immer wieder erzählt zu werden:

Ein Mann läuft nachts nach Hause. Die Strasse ist schlecht beleuchtet. Unter einer der wenigen Strassenlaternen sieht er einen anderen Mann gebückt umhergehen.
Suchen Sie etwas? Haben Sie etwas verloren?
– Ja, meinen Schlüssel. Ich kann ihn einfach nicht finden.
Ich helfe Ihnen, zu zweit geht’s schneller.
Die beiden Männer suchen jeden Quadratzentimeter unter der Laterne ab, finden aber keinen Schlüssel.
Sind Sie sicher, dass Sie Ihren Schlüssel hier verloren haben?
– Nein, dort unter jenem Baum.
Ja aber… weshalb suchen Sie denn hier?!!
– Weil hier Licht ist.

Sooo ein Dummkopf! Was für ein Depp! etc. etc

Wir machen’s alle so. Wir meiden den Schatten, wo wir nur können. Schatten ist uns nicht geheuer. Er liegt weit ausserhalb unserer Komfortzone. Dort ist Unbekanntes, Ungeliebtes, Verdrängtes, Ängstigendes, Tabus – vieles ist mit Scham und Schuldgefühlen behaftet. Lieber nicht hinsehen. Lieber unter der Strassenlaterne bleiben.

Im Schatten liegt der Stoff für die täglichen Dramen.
‹Die tollsten und ergreifendsten Dramen spielen bekanntlich nicht im Theater, sondern in den Herzen bürgerlicher Menschen, an denen man achtlos vorübergeht und die höchstens durch einen nervösen Zusammenbruch der Welt verkünden, was für Schlachten in ihrem Inneren geschlagen werden.› (C. G. Jung, GW 7, Anh. S. 280)

Jung sagt aber auch, dass 90 % des Schattens aus reinem Gold bestehen: da sind ganz viel Energie und viel Potenzial gebunden, die sich gerne in Neugier, Kreativität, Mut, Autonomie, Selbstbehauptung, Spontanität, Fantasie oder Sexualität ausdrücken würden. Wenn man denn nur dürfte… Aber die Familie, die Gesellschaft oder die Kultur hielten oder halten das für negativ, destruktiv oder auch nur störend. Also haben wir diese Eigenschaften im Schatten verstaut, zusammen mit allen anderen ungelebten Anteilen.

In der Regel werden Schattenanteile nach aussen projiziert, meist begleitet von starken Emotionen. Wir ärgern uns oder sind wütend, was auch immer: und genau in diesem Moment haben wir die Möglichkeit, unseren Schatten anzusehen und etwas davon zu integrieren, wenn wir ihn als unseren anerkennen. Wenn wir uns bewusst werden, dass das, was uns an der anderen Person stört, auch zu uns gehört.
Wir sind einem sogenannten Arschengel begegnet, einer Person, die uns freundlicherweise hilft, bewusster zu werden, innerlich zu wachsen und mehr zu uns selbst zu kommen.

Ende des Dramas.

Sonntag, 30. Januar 2022

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