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Katzenschmaus

In der heutigen Ausgabe des Appenzeller Volksfreunds werden wir daran erinnert, dass vor hundert Jahren bei uns in der Gegend auch Katzen auf den Tisch kamen. Im Kochtopf. Das ist geschichtlich gesehen noch gar nicht lange her. Und doch vergessen – wenn wir heute nicht daran erinnert worden wären.
Der Artikel führte mich zu einer persönlicher Erinnerung.
So funktioniert eben unser episodisches Gedächtnis, jener Teil des Langzeitgedächtnisses, der unsere Lebensdaten speichert (immer laut ‹Mehrspeicher-Modell des Gedächtnisses). Damit eine Erinnerung ins Bewusstsein kommen kann, braucht es eine sogenannte Abrufhilfe. Und dieser Artikel war für mich eine solche.

Ich erinnerte mich einer Geschichte, die vor 45 Jahren passierte. Ich war damals in der Mittelschule, und während den Sommerferien ging ich arbeiten. Mehrere Ferien hintereinander in die Migros im Neumarkt in St. Gallen. So auch in jenem Jahr. Mit mir war auch eine Klassenkameradin dort beschäftigt.  Wir fanden die Arbeit recht anstrengend und ebenfalls, dass wir danach noch wirkliche Ferien verdient hätten. Denise kam dann anderntags mit dem Inserat eines Zürcher Carunternehmens, das eine Reise ans Meer einige Kilometer südlich von Barcelona anbot. Wir buchten. Ich erzählte erst danach zu Hause, dass ich nach Spanien reisen würde. Ich war siebzehn. Opposition gab es keine (was mich auch heute noch etwas verwundert aber natürlich auch freut).
Denise und ich hatten das Meer noch nie gesehen und auch sonst noch vieles nicht, was diese Reise bot. Eines Abends etwa stand ‹Paella› mit Kaninchen auf der Menukarte. Keine Ahnung, was das war. Als die Platte dann auf den Tisch kam, sahen wir Schwierigkeiten vor uns. Da gab’s Crevetten und Muscheln. Crevetten kannte ich – aber nur aus dem Glas. Muscheln hatte ich noch nie gegessen. Vor allem war das Wie-essen das Problem. Die Crevetten hatten eine Schale und lange Beine – und ich fühlte sie schon kratzen im Hals. Dass man die Muscheln nicht mit der Schale ass, das nahm ich an. Nun, wir waren heilfroh, dass unsere Tischnachbarn wussten, wie man Paella ass und wir über die Runden kamen.
Denise ging dann irgendwann auf die Toilette im Untergeschoss, und als sie zurückkam flüsterte sie mir zu, sie habe unten im Korridor den Deckel der Gefriertruhe angehoben und darin eine gefrorene Katze entdeckt. Die Tischnachbarn wussten, dass man Katze von Kaninchen schlecht unterscheiden kann, jedenfalls in gekochtem Zustand. An den Rippen könne man’s erkennen. Aber niemand wusste dann wirklich Genaues. Und so gehöre ich vielleicht auch zu jenen, die Katze gegessen haben.
Das ist mindestens für all jene, die eine Katze als Haustier haben, vermutlich eine schreckliche Vorstellung, und das verstehen ich sehr gut. Sie haben eine persönliche Beziehung zu diesem Tier und hängen emotional an ihm. Wohl weniger am Hühnchen oder Kalb, das sie essen und nie im Leben gesehen haben und schon in Portionen geschnitten in der Metzgerei kaufen. Was uns emotional nicht berührt, betrifft uns nicht. Unsere Gefühle sind unsere persönlichen Wegweiser. Und deshalb sind die Lebensläufe der Menschen auch so unterschiedlich.

Samstag, 10. November 2018

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